Wie Zusammenarbeit in der Automobilbranche funktioniert:
5 Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Kooperation 

Kooperation ist heute wichtiger denn je. So bündeln auch Automobil-OEMs vermehrt ihre Kräfte mit Wettbewerbern, um in einer dynamischen Branche dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein. In diesem Artikel untersuchen wir Schlüsselfaktoren, die über Erfolg und Misserfolg solcher Partnerschaften entscheiden und zeigen auf, wie man reüssiert, wo andere scheitern. 

Im harten Konkurrenzkampf der Automobilindustrie stehen OEMs zusätzlich vor disruptiven Herausforderungen wie dem Übergang zur E-Mobilität, autonomem Fahren, Konnektivität und der Entkopplung von Hardware- und Softwareentwicklung. Um sich gegen den Wettbewerb zu behaupten und das sogenannte Innovators-Dilemma zu überwinden sind erhebliche finanzielle, organisatorische und technologische Anstrengungen erforderlich. Automobil-OEMs bilden daher zunehmend Kooperationen, um Ressourcen und Expertise zu bündeln und einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen – die Zusammenarbeit mit Wettbewerbern wird in forschungsintensiven Bereichen wie der Automobilentwicklung zur Norm. Doch obwohl Kooperationen bedeutende Geschäftschancen bieten, scheitert etwa die Hälfte der Partnerschaften. Der Erfolg hängt vom Verständnis und einer proaktiven Herangehensweise an die mit einem Kooperationsprojekt verbundenen Herausforderungen ab. Auf Basis unserer jahrelangen Erfahrung in OEM-Kooperationen können wir diese fünf Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit identifizieren: 

1. Der richtige Partner und eine effektive Governance-Struktur 

Das Fundament für die erfolgreiche Zusammenarbeit bildet der beidseitige und langfristige Nutzen der Kooperation für beide Partner. Den richtigen Partner zu finden ist deshalb entscheidend – vor allem, da das Teilen von Geschäfts-Know-how und geistigem Eigentum stets mit erheblichen Risiken verbunden ist. Ein wesentlicher Aspekt bei Suche nach dem richtigen Partner ist der Zugang zu komplementären Technologien, Kunden und Märkten, so dass die Zusammenarbeit Chancen eröffnet, die die Partner individuell nicht ergreifen könnten. Sind diese Bedingungen erfüllt, wird zum Projektstart ein zugeschnittenes Governance-Framework für die Zusammenarbeit aller Stakeholder benötigt.

Ein effektives Kooperationsframework kann sich dabei erheblich von individuell festgelegten Organisations-Prinzipien in den beteiligten Unternehmen unterscheiden, da der Projektumfang über das alltägliche Geschäft hinausgeht und kooperationsspezifischen Anforderungen unterliegt. Insbesondere die klare Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten, effektive Eskalations- und Entscheidungsprozesse sowie schlanke Berichtsmechanismen für die Lenkung des Projekts müssen über das entsprechende Governance-Framework-Design sichergestellt, sowie von beiden Partnern akzeptiert und gelebt werden.

2. Identifikation und Überwindung von Kultur- und Kommunikations-Barrieren 

Unternehmen unterscheiden sich in ihrer Kultur sowie in der Art und Weise, wie Menschen zusammenarbeiten und kommunizieren. Diese Unterschiede werden in einer Kooperation schnell zu  Barrieren, die die für den Erfolg notwendige enge Zusammenarbeit verhindern. Die Notwendigkeit, verschiedene Organisationskulturen und Arbeitsweisen zusammenzuführen, um eine gemeinsame kooperative Kultur zu schaffen, darf daher nicht unterschätzt werden.

Um eine gemeinsame Kultur zu fördern, die allen Aspekten erfolgreicher Zusammenarbeit und Kommunikation gerecht wird, bedarf es gemeinsamer Werte und Visionen, sowie offener und transparenter Kommunikationskanäle. Auf diese Weise wird das notwendige Umfeld geschaffen, um Herausforderungen in der Zusammenarbeit umgehend zu identifizieren und angehen zu können. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass ein regelmäßiger Abgleich der Kooperationsziele, sowie gemeinsame Teambuildingaktivitäten dazu beitragen, das erforderliche Vertrauen für eine effektive Kollaboration in dynamischen Projektumgebungen zu schaffen. 

3. Agilität als zentraler Wert für die Zusammenarbeit 

Kooperationen in forschungsintensiven Bereichen werden in der Regel über viele Jahre hinweg eingerichtet. In dieser Zeit können sich externe Rahmenbedingungen ändern: Beispielsweise können geopolitische Ereignisse zu unerwarteten Verschiebungen in der Marktnachfrage führen, oder disruptive Technologien können die Notwendigkeit einer Neuausrichtung des zugrunde liegenden Kooperationszwecks nach sich ziehen. Gleichzeitig können unvorhergesehene Komplikationen innerhalb der Kooperation wie technische, rechtliche oder personelle Hindernisse das Vertrauen beeinträchtigen und den Geschäftserfolg dauerhaft gefährden. Beide Aspekte erfordern die Fähigkeit, sich rasch anzupassen, um sicherzustellen, dass die Partnerschaft auch jederzeit den vorgesehenen Mehrwert liefert.

Durch die Nutzung agiler Arbeitsweisen und die Förderung einer flexiblen Projektorganisation können Kooperationspartner schnell und effizient auf Herausforderungen reagieren. Dabei sollten Prinzipien agiler Kollaboration in Betracht gezogen werden, um schnelle Entscheidungs- und Reaktionswege zu fördern und redundante Prozesse und unnötige Dokumentation zu vermeiden.

Darüber hinaus haben sich interdisziplinäre Teams mit komplementärem Knowhow und der Einsatz spezifischer IT-Tool für den Informationsaustausch über Arbeitsgruppen hinweg als Erfolgsfaktoren im Kooperationsgeschäft erwiesen. 

4. Standardisierung und Sicherstellung technischer Kompatibilität 

Der Informationsaustausch steht im Zentrum jeder Zusammenarbeit, ebenso wie die Systemkompatibilität. In der Automobilindustrie setzen Unternehmen traditionell auf etablierte Toolketten, um ihren Datenfluss zu steuern. Um den Anforderungen von Kooperationsprojekten gerecht zu werden und einen reibungslosen Datenaustausch zu ermöglichen, müssen Kooperationspartner nun neue Schnittstellen einrichten und skalierbare technische Lösungen entwickeln.

Da Standardisierung und Konsolidierung von Schnittstellen zusätzliche Vorteile in Bezug auf Kosteneffizienz und (Daten-)Qualität liefern, ist die Konzeption und Implementierung einheitlicher und maßgeschneiderter Prozesse, Methoden und Tools für den Datenaustausch in der Frühphase einer Kooperation ein bedeutender Erfolgsfaktor. 

Angesichts der Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Datenaustausch zwischen zwei Partnern hat sich ein „Data Exchange Center“ als zentrale Lösung bewährt. So eine Plattform ist speziell darauf ausgelegt, den Datentransfer aus mehreren Quellen zu bündeln und in nur einer Schnittstelle zu konsolidieren.

Zusätzlich kann ein Data Exchange Center mit spezifischen Services ausgestattet werden, um beispielsweise Daten zu verarbeiten und Aufgaben wie das Bereinigen von geistigem Eigentum aus sensiblen Dateien sowie die Übersetzung und Zuordnung verschiedener Produktsprachen zu automatisieren. Aufgrund seiner Skalierbarkeit ermöglicht das „Data Exchange Center“ eine effiziente Datenübertragung auch an mehrere Kooperationspartner und dient somit als wesentlicher Baustein einer kosteneffizienten und nachhaltigen IT-Infrastruktur.

5. Entwicklung einer klaren Exit Strategy 

Obwohl es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen mag, ist auch rechtzeitige Entwicklung eines Plans zur Auflösung der Partnerschaft, beispielsweise aufgrund mangelnder Zielerreichung oder veränderter Umstände, ein wichtiger Erfolgsfaktor. Eine sorgfältig durchdachte Exit Strategy gewährleistet einen reibungslosen Übergang, wenn die Zusammenarbeit endet und mitigiert in vielen Fällen mögliche rechtliche Konsequenzen. Um auf alle Szenarien vorbereitet zu sein, ist außerdem die Einrichtung eines umfassenden Risikomanagements unumgänglich.

Das Risikomanagement unterstützt bei der Früherkennung und Analyse potenzieller Risiken und Deal-Breaker im laufenden Kooperationsgeschäft und ist somit für eine nachhaltige Vertrauensbasis und im Notfall die rechtzeitige Ausführung der Exit Strategy entscheidend.

Kooperationen bieten nachweisbar erhebliche Vorteile durch die Bündelung von Ressourcen und Expertise mit Wettbewerbern – nichts desto trotz scheitern etwa 50% der Partnerschaften mangels einer strukturierten und nachhaltigen Ausführung. Um den Erfolg von groß angelegten Kooperationen von OEMs sicherzustellen, ist es daher wesentlich, dass die fünf genannten Erfolgsfaktoren berücksichtigt werden.

Bei accilium verstehen und leben wir die Relevanz dieser Erfolgsfaktoren für Automobilkooperation und haben mit unserer umfassenden Branchen- und Kooperationserfahrung bereits viele OEMs bei der Gründung und Aufrechterhaltung ihrer Kooperationen begleitet.

Unser Expert:innen-Team für Automobilkooperationen:

Jakob Mozyszek

Associate Partner