Dekarbonisierung der touristischen Mobilität – Fachartikel 1 aus der Serie Dekarbonisierung der Mobilität

Der Zusammenhang zwischen der Weiterentwicklung von Infrastruktur und den sich verändernden Mobilitätsbedürfnissen und -stilen bildet eine komplexe Querschnittsmaterie für die Attraktivität eines Tourismusstandortes. Urlaubsgäste betrachten Mobilitätsmöglichkeiten entlang der touristischen Reisekette – also zum, am und vom Urlaubsort – zunehmend als Teil des Urlaubsangebots[1]. Aufgrund mangelnder Kooperation zwischen touristischen Anbietern und Verkehrsdienstleistern sind durchgängig buchbare multimodale Mobilitätsangebote aktuell Mangelware. Ein Blick auf die Verkehrsmittelwahl der österreichischen Urlaubsgäste offenbart den Handlungsbedarf: laut einer T-Mona Studie reisen 83 % der Urlaubsgäste mit dem PKW in österreichische Urlaubsdestinationen[2]. Dieser Fachartikel beschreibt und berechnet Dekarbonisierungspotenziale anhand von 3 Szenarien entlang der touristischen Reisekette. Die Urlaubsgäste reisen in Szenario 1 mit dem E-Auto von Bayern nach Tirol; in Szenario 2 nutzen sie ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel um in eine Tiroler Tourismusdestination zu gelangen und in Szenario 3 werden vor Ort anstelle des PKWs alternative Mobilitätsmöglichkeiten genutzt. In Summe zeigt sich, dass vor allem in der Mobilität vor Ort hohe CO2-Einsparungspotenziale bestehen.

Dieser Fachartikel beleuchtet zuerst den Status Quo der touristischen Mobilität in Österreich, mitsamt den Herausforderungen und Potenzialen sowie Best Practices für alternative Mobilität zum PKW entlang der touristischen Reisekette. Die zentralen Herausforderungen sind die Veränderung der Verhaltensweisen von Urlaubsgästen (Verkehrsmittelwahl), sowie die aktuell mangelnde Kooperation zwischen touristischen Leistungsträgern und Verkehrsdienstleister um eine nachhaltige Mobilitätsgarantie entlang der touristischen Reisekette zu gewährleisten. Zusätzlich bringen topographische und geographische Begebenheiten unterschiedliche Herausforderungen mit sich.

Urlaubsgäste betrachten durchgängige und nachhaltige Mobilitätsmöglichkeiten zunehmend als wichtigen Faktor in der Urlaubsentscheidung. Dem Tourismus offenbart sich die Chance, den Trend in Richtung Nachhaltigkeit & Umweltbewusstsein zu nutzen und sich dementsprechend zu positionieren. Zusätzlich bietet die Digitalisierung Potenziale neue Services zu entwickeln, um auf neue Mobilitätsgewohnheiten von Urlaubsgästen aus Städten zu reagieren (z.B. Mobility as a Service, sinkender PKW Besitz).

Generell gibt es drei Hebel wie CO2 in der Mobilität reduziert werden kann: CO2-freie Fahrzeugantriebe (Elektromobilität); Erhöhung des Besetzungsgrades (Öffentliche Verkehrsmittel) und Reduktion der Wege (Stadt der kurzen Wege)[3]. In diesen Fachartikel werden die CO2-Einsparungspotenziale der ersten beiden Hebel berechnet.

Zur Einordnung von Gestaltungsmöglichkeiten von Maßnahmen zur Dekarbonisierung touristischer Mobilität entlang der Reisekette, bietet es sich an diese in drei Räume zu unterteilen:

Im Fachartikel tiefergehend beschrieben, wurden für diese drei Gestaltungsräume jeweils ein Szenario mit einer Maßnahme zur Reduktion von CO2 entlang der touristischen Reisekette beschrieben und berechnet:

Szenario 1: CO2-Reduktion im individuellen Gestaltungsraum durch Erhöhung elektrischer Kilometer.

  • Maßnahme: Kooperierende Beherbergungsbetriebe geben 1.000 Voucher (1 Nacht á 2 Personen) aus. Bedingung ist die Anreise mit dem E-Auto.
  • Hebel: CO2-freie Fahrzeugantriebe.

Szenario 2: CO2 -Reduktion im überregionalen Gestaltungsraum durch Erhöhung des Besetzungsgrades.

  • Maßnahme: Die Stadt Innsbruck positioniert sich als Mobilitäts-Hub für anreisende Gäste aus dem Raum München/ Bayern. Die Gäste reisen per Shuttle Bus weiter in die Tourismusdestination.
  • Hebel: Erhöhung des Besetzungsgrades.

Szenario 3: CO2-Reduktion im regionalen Gestaltungsraum durch Erhöhung des Besetzungsgrades.

  • Maßnahme: Eine Tiroler Tourismusdestination koordiniert und bündelt multimodale Mobilitätsangebote innerhalb der Region, um die Anreisen mit dem PKW zu senken.
  • Hebel: Erhöhung des Besetzungsgrades.

Zusammengefasst zeigt sich, dass vor allem ein Bündel aus verschiedenen Maßnahmen große Wirkung erzielen. Die Mobilität vor Ort zeigt mitunter sehr großes Einsparungspotenzial. Als ersten Schritt sollten Leistungsträger und Tourismusverbände die Dekarbonisierungspotenziale analysieren und bestimmte Zielgruppen ausländischer Quellmärkte in Geographischer Nähe ansprechen. Die wesentlichen Erfolgsfaktoren für Dekarbonisierungsstrategien in der touristischen Mobilität sind unter anderem Kooperation und interdisziplinärer Zusammenarbeit.

Durch das Erstellen gemeinsamer Services und digitaler Plattformen in der Region können Angebote gebündelt werden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert die Innovationskraft innerhalb der Region.

Oliver Danninger

Partner & Capability Lead Sustainability & CSRD


Quellen:

[1] Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (2013) – Studie Tourismusmobilität 2030 in Österreich -https://www.wko.at/branchen/tourismus-freizeitwirtschaft/Studie_Tourismusmobilitaet_2030_in_Oesterreich.html

[2] Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (2021) – Tourismus Österreich 2020 – https://info.bmlrt.gv.at/dam/jcr:14cd00a1-2ae0-41ef-ba13-cb171710357b/Tourismusbericht%202020_bf.pdf

[3] accilium (2022) – Dekarbonisierung der Mobilität – https://accilium.com/de/dekarbonisierung-der-mobilitat-mit-welchen-hebeln-europa-die-lucken-in-der-klimazielerreichung-verringern-kann/